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Der Autor weist vorab darauf hin, dass es nicht „falsch“ ist, Nehmereigenschaften zu haben. Es kann aber falsch sein, diese mit emotionalem Nachdruck durchsetzen zu wollen, weil damit die eigenen Erfolge sinken.
Ein Nehmer oder eine Nehmerin ist eine Person, die in anderen Menschen Eigenschaften sucht, die ihr nützen.
Nehmer(innen) gehen auf die Suche nach Hilfe, Beistand, Emotionen und allem, was ihnen sonst nützen könnte.
Nehmer(innen) versuchen, im privaten Bereich etwas aus anderen Menschen herauszulösen, was sie selber benötigen. Sie gehen Freundschaften, Liebesbeziehungen und andere Kontakte ein, um einen Gewinn im emotionalen Bereich zu erzielen. Manchmal nehmen sie soziale Kontakte nur auf, um ihren psychischen Gewinn zu steigern.
Alle Menschen, Geber wie Nehmer, versuchen, ihr Motivationszentrum „am Laufen zu halten“ und dabei emotionale Gewinne zu erzielen. Nehmer handeln dabei nach der Methode „ich gebe möglichst wenig, erwarte aber einen großen Gewinn daraus.“ Daraus ergibt sich auch, dass die Tauschmittel sich unterscheiden: Nehmer versuchen, die Werte eines Bereichs gegen Werte aus einem anderen Bereich zu tauschen, und verschleiern damit den Gewinn, den sie selbst davon haben.
Nehmer(innen) gehen davon aus, dass auf einen Anreiz hin ein Geschenk vom Himmel fällt. Sie erwarten also in Liebesbeziehungen und Freundschaften eine Belohnung für das, was sie dem jeweiligen Partner schenken.
Nehmer(innen) suchen nach dem Glück oder nach anderen Werten, indem sie sich diese Werte mittels Tauschhandel von anderen beschaffen. Da sie planen, mehr zu bekommen, als sie an Tauschwert besitzen, hoffen sie auf einen emotionalen oder sozialen Gewinn. Weil die entsprechenden Geber auf den bekannten und bewährten Märkten den Wert ihrer Angebote kennen, sind sie oftmals auf Teil- oder Nischenmärkten zu finden.
In privaten Beziehungen und in der Liebe gelten im Prinzip die gleichen Bedingungen, denn Nehmer(innen) bewerten ihre sozialen Kontakte nach dem Wert, der ihnen dabei zuwächst (Ansehen, Prestige).
Nehmer(innen) handeln eher nach festen Plänen als Geber oder Personen, die ergebnisflexibel sind. Da sie sehr konzentriert auf bestimmte Eigenschaften schauen, entgehen ihnen im Alltag Personen, die in anderer Hinsicht durchaus in ihr Umfeld passen würden. Selbst wenn diese Nehmer(innen) nicht egoistisch sein sollten, engen sie damit ihre Kontaktmöglichkeiten ein, und auch ihr Alltag leidet darunter.
In Liebesbeziehungen und Freundschaften handeln Nehmerinnen sehr ähnlich: Sie versuchen, alles einzuheimsen, was sie aus einer möglichen Beziehung „mitnehmen“ können, haben aber auf Dauer kaum Möglichkeiten, weitere Tauschmittel einzusetzen.
Nehmer(innen) leben von kurzfristigen Erfolgen, die oft auch kurzzeitig sind. Weil sie kaum stabile Lebensgrundlagen haben, müssen sie ihre „Glückskammern“ ständig neu auffüllen. Das ist sehr anstrengend und auf Dauer kaum befriedigend. Mehr als vor Misserfolgen bei neuen Vorhaben fürchten Nehmer(innen) den Verlust ihrer knappen Ressourcen.
Wenn Nehmer(innen) ihr Verhalten als völlig normal ansehen, können Anzeichen von aufkommender Liebe ihre Konzepte zerstören. Die rauschhafte Erfahrung, die von körpereigenen Drogen ausgelöst wird, verlagert die eigenen Strategien in den Hintergrund.
Belohnungen sind das Ziel aller Menschen, die sich als Nehmer(innen) präsentieren. Zwar streben alle Menschen nach dem „inneren Gefühl der Belohnung“, aber Nehmer(innen) fordern den emotionalen Lohn sofort ein, völlig unabhängig davon, ob sie selber ein Gut von hohem oder geringen Wert eingebracht hatten.
In Liebesbeziehungen suchen Nehmer(innen) in der Regel vom anderen. Das funktioniert nicht immer – und wenn beide das Spiel des „maximalen Gewinns“ bis zum Ende betreiben, geht meistens alles schief.
Die meisten Nehmer(innen) haben im Grund ganz einfache Wünsche und Vorstellungen, die sich durchaus realisieren lassen – zum Beispiel in Verhandlungen oder durch Kompromisse. Tauchen jedoch Ansprüche oder unverrückbare Erwartungen auf, so ist es nahezu aussichtslos, zu verhandeln.
Dies wird besonders deutlich bei Liebesbeziehungen oder bei der Partnerwahl. Andere Menschen entsprechen fast nie zu hundert Prozent den Wunschbildern, Erwartungen oder Ansprüchen. Nahezu alle infrage kommenden Partner(innen) erwarten, dass in Partnerschaften ein „Doppelter Gewinn“ entsteht, der eigentliche ein dreifacher Gewinn ist: für die Person, die gibt, für die Person, die sucht und für das Glück des neuen Paares. Kurz: In Beziehungen werden nahezu immer Win-win-Situationen bevorzugt.
Im Grunde sind extreme Nehmerinnen schnell zu entlarven. Brutal ausgedrückt, wollen sie Sie wollen mit emotionalem Falschgeld bezahlen, um allerlei Güter, Leistungen oder soziale Vorteile zu erlangen. Manche Geber lächeln darüber, weil sie über genügend Ressourcen verfügen, um auch mal einen Verlust „wegzustecken“. Einfacher ausgedrückt: Jeder erfahrene Geber weiß, dass „geben“ auch ein Risiko bedeuten kann.
Die Gefahr bei habgierigen Gebern und Geberinnen liegt in der „Salamitaktik“, die auch in vorgetäuschten Liebesbeziehungen angewendet wird. Dabei werden die Ressourcen der Geber „Scheibchenweise“ mitgenommen, bis er oder sie am Ende keine Reserven mehr hat.
Nicht nur Geber, auch Nehmer(innen) leiden unter bestimmten Formen der Enttäuschung, ob sie nun „Burn-out“ genannt werden oder anders. Jedenfalls tauchen immer mehr Berichte über mutmaßliche Nehmer(innen) auf, die sich bei Verabredungen („Dates“) verschlissen haben.
Das mag daran liegen, dass Nehmer(innen) im Alltag und in Beziehungen nicht stabil genug waren, um der ständigen Belastung standzuhalten, die eigenen Ziele durchzusetzen.