Im Intimen

Zitat:

Tatsächlich sind alle freiwilligen menschlichen Beziehungen Tauschgeschäfte - von Liebesbeziehungen bis hin zu intellektuellen Beziehungen. Im Falle von sinnlicher Liebe und Ehe handelt es sich um einen Tausch in Form von Zuneigung, Rücksichtnahme, Freundlichkeit usw. Der Tausch kann glücklich sein, und die Partner können Freude am Geben finden. Aber es ist dennoch ein Handel.

(Der Ökonom Walter Block in „Defending the Undefendable“

Geber und Nehmer werden intim

Wer die Geheimnisse der Beziehungssuche zu entschlüsseln versucht, wird sehr schnell auf das Phänomen der „Vermarktung“ tatsächlicher oder vorgeblicher Eigenschaften stoßen. Ebenso kommen dabei die Wünsche, Anforderungen oder Ansprüche an die Partner hervor.

Anzeigen von Partnersuchenden, heute Profile genannt, bestehen immer aus drei Komponenten: „Ich biete“, „ich suche“ und „mit welchem Ziel“. Schon die Wortwahl deutet darauf hin, dass hier eine Art Handel angeboten wird.

Hier eine einfache, seriöse Version für ein Heiratsgesuch:


„38-jährige, 172, 60 kg, sportliche, temperament- und humorvolle, symphytische, eheerfahrene Schulsekretärin, möchte in (Ort und Radius) netten Herrn zwecks Heirat kennenlernen.“


Quelle: (Drenk/Drenk, Reinbek 1985)

Solche Anzeigen existierten einst in allen Variationen. Waren sie fest auf die Zukunft ausgerichtet, dann erschienen sie unter „Heiraten“. Wurde eine Beziehung gesucht, die in Richtung Zukunft noch offen war, dann kam sie in die Rubrik „Bekanntschaften“ – der zweifelhafte Rest erschien unter „Begegnungen“ oder ähnlichen Rubriken.

In fast allen solchen Anzeigen, egal zu welchem Zweck, wird eine Art Handel vorgeschlagen. Der „nette Herr“ kann dabei durchaus durch eine ausführlichere Beschreibung ersetzt werden, die Frau kann andere Attribute verwenden, und der Zweck kann anders definiert sein. Das Schema „ich bin – ich will – für was“ bleibt aber.

Das git sogar für „eindeutige“ Wünsche, wie etwa hier (1):


„Außergewöhnlich attraktiv blonde Sie 21/170, sucht auf diesem Wege gut situierten Herrn.“ —- Etwas Verschleierter heißt es in einer anderen Anzeige (1):


„Ich, weiblich, suche … einen kultivierten, seriösen Mann, der wie ich etwas verwöhnt ist … und in besten Verhältnissen lebt, für Autoreisen mit gelegentlichem Aufenthalt in guten Hotels.“


Anzeigen mit eindeutigen, detaillierten sexuellen Wünschen wurden damals (1982) von der Tagespresse nicht veröffentlicht, in „einschlägigen“ Zeitschriften erschienen sie hingegen in Massen.

Das alles hat sich inzwischen gewandelt – nur die Absicht eines „Handels“ nicht. Erwartet wird, dass dieser abgeschlossen wurde, bevor sich die Hoteltür öffnet oder der Standesbeamte das neue Paar traut.

Hinweis: Die mit (1) gekennzeichneten Zitate sind verkĂĽrzt wiedergegebene Original-Anzeigen.

Ă–konomie, Ansichten und Fakten

Was von den Ökonomen als „Handel“ bezeichnet wird, kann auch „Ausgleich der Interessen“ genannt werden. Handelt es sich um eine rein sexuelle Bindung, so bezieht sich die Vereinbarung ausschließlich auf Sex oder andere Aktionen, die intime Körperkontakte erfordern. Besteht zwischen den Beteiligten keine Beziehung, so wird oft von „Transaktionen“ gesprochen. Ob es sich bei Beziehungen um „Prostitution“ handelt, ist abhängig davon, ob der Handel auf „Geld gegen sofortigen Sex“ beruht.

Die Definition von „Sex gegen irgendetwas …“ ist nicht wirklich ehrenrührig. Ehepaare benutzen Sex durchaus aus Versöhnung nach einem Streit, und unverheiratete Menschen bedanken sich gelegentlich mit Sex für einen Freundschaftsdienst. Als erniedrigend gilt, sich unmittelbar für Sex bezahlen zu lassen. Ebenso erniedrigend kann es sein, für Sex bezahlen zu müssen, weil es keine andere Möglichkeit gibt, die gewünschte Befriedigung zu erhalten. Die Ökonomen, die anders argumentieren, haben die Theorie im Auge. Sie sehen zum Beispiel nicht das soziale oder emotionale Gefälle zwischen einer Prostituierten und einem „Freier“.

Wenn wir sozial gleichgestellte Singles betrachten, die ihre Freizeit miteinander verbringen, dann kann Sex ein intensiver Lockstoff sein. Er ist durchaus dafür verantwortlich, dass sich die Beziehung verfestigt. Und in beginnenden Beziehungen werden eben nicht nur „Körperflüssigkeiten ausgetauscht“, sondern der Sex kann ebenso gut als Gratifikation für „etwas anderes“ gegeben werden.

Intimtäten der besonderen Art

„Sexuelle Begegnungen“ („Sex haben“) bestehen nach Meinung vieler Menschen, dass im Laufe der Prozedur irgendwann ein Penis in eine Vagina eindringt. Im angloamerikanischen Sprachraum sagt man dazu „PiV“ oder auch „penetrativer vaginaler Sex“.

Was „Sex“ wirklich ist oder nicht ist, regeln ethische und religiöse Gebote, aber auch geschriebene und ungeschriebene Gesetze. Im Alltag entscheiden letztlich die Paare, was für sie Sex ist.

Nicht sexuelle Handlungen können als "Sex" gelten

In manchen Fällen gelten auch nicht sexuelle Handlungen als „Sex“. Das Kriterium ist dabei, wo und wie der Körper einbezogen wird und auf welche Weise die Berührungen erfolgen. Insofern können Rollenspiele aus dem BDSM-Bereich durchaus als „sexuelle Handlungen“ angesehen werden.

Setzen wir zunächst voraus, dass Rollenspiele genauso durchgeführt werden, wie sie vereinbart wurden. Dann sind die die „Geber(innen)“ immer die dominanten Partner(innen), während die Nehmer(innen) als „submissiv“ gelten. Dabei ist nicht die Frage, wessen Wünsche erfüllt werden, sondern an wen die Macht für die Dauer des Rollenspiels abgegeben wird. Manche Partner(innen) im privaten Bereich gehen einen Tauschhandel ein, zumal dann, wenn sie die Rolle wechseln können („Switcher“). Auf dem Gebiet der Rollenspiele gibt es professionelle „Graubereiche“ und eindeutige Geschäfte, bei denen die entsprechenden Leistungen gegen Geld angeboten werden. In manchen Ländern gelten solche Dienstleistungen als Prostitution.

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