Dies ist eine alte Version des Dokuments!


Neue Begriffe und neue Denkweisen

Warum die Psychologie nicht ausreicht, um menschliches Leben zu verstehen

Im Allgemeinen versuchen Menschen, in der Psychologie die Ursachen für das eigene Verhalten oder das Verhalten anderer zu finden. Das ist verständlich, denn die Psychologie gilt als die „zuständige“ Wissenschaft für alles, was wir über unser Fühlen, Denken und Verhalten erfahren können.

Das hat dazu geführt, dass mittlerweile sehr viele Menschen gelernt haben, mit Psychobegriffen umzugehen – und dabei die Zweifel außer acht lassen, die mit diesen Begriffen verbunden sind. Als Beispiel nenne ich gerne das „Unterbewusstsein“, zu dessen Erklärung ein monströser Eisberg verwendet wird. Viele Menschen halten das „Unbewusste“ deshalb für ziemlich real und glauben, dass es ein Riesenspeicher von „Geheimnissen“ sei.

Der Mensch und sein Abbild der Realität

Der Mensch ist das einzige bekannte Wesen, das seine Lebensrealität in sich abbilden und interpretieren kann. Darüber hinaus können wir unsere Vorstellungen miteinander austauschen, um der Wahrheit näher zu kommen. Wenn Baustein für Baustein zusammenkommt, dann können wir behaupten, etwas über „das Menschsein“ zu wissen. Bei diesem Vorgang erkennen wir oftmals, dass uns Merkmale und Eigenschaften „zugewiesen“ werden, die Ideologen, aber durchaus auch Wissenschaftler für richtig halten. So werden beispielsweise bloße Verhaltensweisen als „Persönlichkeitsmerkmale“ umgedeutet und sogar als solche bewertet. Ebenso verhält es sich mit dem „Fühlen“, das in weiten Bereichen der Psychologie einseitig interpretiert wird. Das Denken ist schließlich ein überaus komplizierter Prozess, der mit den Mitteln der Psychologie so gut wie gar nicht erklärbar ist. Andere Wissenschaften erweisen sich auf diesem Gebiet als kompetenter, obgleich auch sie keine endgültigen Erklärungen für Denkprozesse liefern können.

Psychologen, Psychiater und der Fluch der Etiketten

Ein Merkmal der theoretischen Psychologie, aber auch der Psychiatrie, besteht darin, immer neue Etiketten für „seelische Zustände“ zu finden, die eigentlich keine sind – zum Beispiel für Verhaltensweisen. Das eigentliche Problem beginnt aber erst, wenn diese komplizierten Wortgebilde populär werden. Früher waren Journalisten dafür bekannt, dies zu versuchen. Seit den 2000er-Jahren übernehmen sogenannte „soziale Netzwerke“ diese Methode, um ganz gewöhnliche Menschen mit solchen Etiketten zu bekleben. Die Folge?


„Der Suche nach möglichen Störungen werden sie heute vor allem im Internet fündig. Syndrome, die selbst von der etablierten Psychiatrie angezweifelt werden, führen im Internet ein virtuelles Eigenleben.“


Was der Biologe und Journalist Jörg Blech (1) über die Psychiatrie schrieb, gilt noch viel mehr für die Psychologie. Die neuen Begriffe, die in der internen Diskussion der Forscher möglicherweise Sinn haben, werden zu sinnlosen Zuschreibungen für alle, die „anders denken“ oder „anders fühlen“ und letztlich anders sind als die Masse.

Schon 1977 mahnte der Psychologe Wolfgang Schmidbauer:


„Besonders reich an Widersprüchen und dogmatischen Behauptungen ist die Nervenheilkunde. Bis heute wird Wissenschaft in der Psychiatrie vorwiegen als Identifizierung mit einer bestimmten Lehrmeinung vertreten.“


(1) Jörg Blech: Die Psycho-Falle, Frankfurt 2014

(2) Wolfgang Schmidbauer: Die hilflosen Helfer, Reinbek 1977

Die Bedüfnisse des Menschen als Motive des Handelns

In dieser Situation können wir uns behelfen, indem wir die Motive des menschlichen Handelns in den Vordergrund stellen. Sie lassen sich am einfachsten mit den menschlichen Bedürfnissen erklären, die sich durch „Nehmen“ und „Geben“ erfüllen lassen. Das Motiv ist stets, einen persönlichen oder gemeinsamen Gewinn zu erwarten.

Das Prinzip stößt bei vielen Menschen an die Grenzen ihrer Vorstellungskraft, weil es auf den ersten Blick Religionen. Ideologie und ethische Grundsätze infrage stellt.

Andererseits können wir heute nicht mehr auf bürgerlichen, religiöse oder „sittliche“ Selbstverständlichkeiten aufbauen, sondern müssen viele solcher Fragen miteinander verhandeln. Und dazu ist es nötig, klare Profile zu zeigen und dennoch gute Lösungen zu finden. Das erfordert, Geber und Nehmer an einen Tisch zu bringen.

Wie weiter?

wechsel_alltag.jpg

zurueck.jpg



Alle Beiträge © 2007 - 2026 by liebesverlag.de und sehpferd.de

Kritisches Blog zu Liebe und Parterschaft
Liberales Meinungsblog, Stammblog von "sehpferd"
Kontaktseite, Impressum und Telefon-Nummer
Datenschutzerklärung